Sondertilgung: eine beliebte, aber überbewertete Option

Sondertilgung soll Flexibilität versprechen. Das macht sie bei Immobilienkäufern beliebt. Doch sie ist nicht immer die beste, sondern eine überbewertete Option. Woran das liegt.
Veröffentlicht am 15. Juni 2020
 Sondertilgung: eine beliebte, aber überbewertete Option

Kategorie Tipps

Von Dr. Christian Mulder

Veröffentlicht am

Flexibilität ist etwas, dass sich viele Immobilienkäufer bei ihrer Finanzierung wünschen. Das Schlüsselwort dafür lautet Sondertilgung. Diese ermöglicht dir durch Sonderzahlungen, deinen Kredit schneller zu tilgen. Sie gehen über die monatlich festgelegte Rate hinaus. So können Boni und Ersparnisse verwendet werden, um das Darlehen zu reduzieren. Unbegrenzt vergibt die Bank keine Sondertilgungen, denn dadurch gehen ihr Zinszahlungen verloren.

Doch trotz ihrer Beliebtheit sind Sondertilgungen nicht immer die beste, sondern eine eher überbewertete Option. Warum ist das so? 

1. Ersparnisse gewinnbringend anlegen 

Bei niedrigen Hypothekenzinsen solltest du dein Geld nicht dafür aufwenden, deinen Kredit so schnell wie möglich zurückzuzahlen. Stattdessen solltest du in rentablere Vermögenswerte wie Aktien investieren. Es lohnt sich auch Eigenkapital anzusparen, um eine zweite Immobilie kaufen zu können, die du dann vermietest. 

Wenn du bei der Rückzahlung deines Darlehens 1 Prozent einsparst und somit Rendite machst, du aber bei anderen Finanzprodukten 5 bis 7 Prozent Rendite machst, lohnt sich die schnelle Tilgung nicht. Für solche Alternativen brauchst du allerdings einen ausreichend langen Zeithorizont. 

Den meisten Menschen unter 50 bis 60 Jahren würde ich statt der schnellen Tilgung alternative Investitionen empfehlen, die das Vermögen stärker erhöhen. 

2. Von steigenden Zinsen profitieren

Sollten die Zinsen während der Laufzeit der Hypothek deutlich auf drei bis vier Prozent steigen, kannst du deinen Kredit schneller abbezahlen – allerdings nicht mit Sondertilgungen. Dann lohnt es sich deine Ersparnisse auf ein Festgeldkonto zu legen, das bis zum Ende der Laufzeit deiner Finanzierung geht.

Dort erhältst du zwei bis drei Prozent Zinsen. Für deinen Kredit zahlst du hingegen nur etwa einen Prozent. Läuft dein Darlehen und damit dein Festgeldkonto aus, kannst du das Geld vom Konto verwenden, um die Kreditsumme zu reduzieren. So zahlst du deinen Kredit schneller ab und vermehrst trotzdem dein Vermögen schneller als mit einer Sondertilgung.  

Hast du noch eine alte Finanzierung mit hohen Zinsen, solltest du die Möglichkeit der Sondertilgung hingegen nutzen, um deine Kreditsumme und die Höhe der Zinsen zu reduzieren. 

Ist die Sondertilgung aktuell also eine schlechte Idee?

Nicht unbedingt, denn es ist situationsabhängig. Generell haben Sondertilgungen ein interessantes Nutzpotenzial. Möchtest du dein Haus beispielsweise vor Ablauf der festgeschriebenen Zinsbindung und vor einer Frist von zehn Jahren verkaufen, verringern Sondertilgungen die Vorfälligkeitsentschädigung. Denn die Bank verlangt bei vorzeitiger Beendigung von dir eine Strafe für die entgangenen Zinsen. Die Banken müssen aber die potenzielle Sondertilgung von der Strafbemessungsgrundlage abziehen, da sie davon ausgehen müssen, dass du die Option nutzen möchtest. 

Angenommen, dein Darlehen läuft noch fünf Jahre. Dann könnte eine Sondertilgung von fünf Prozent pro Jahr deinen Saldo für die Jahre sechs bis zehn um etwa 15 Prozent reduzieren.* Damit würde sich deine Strafzahlung um etwa 15 Prozent verringern. Das ist zwar nicht sehr viel, aber immer noch ein gewisser Vorteil.

*Der genaue Prozentsatz ist nicht einfach zu berechnen. Er hängt davon ab, in welchem Umfang du dein Darlehen bereits zurückgezahlt hast und ist höher als der einfache Durchschnitt. Denn er geht davon aus, dass du die Sondertilgung jedes Jahr so schnell wie möglich bezahlst.

Fazit

Die Sondertilgung lohnt sich aktuell nur, wenn du einen alte und teure Finanzierung hast oder wenn du deine Finanzierung vorzeitig beenden müsstest.